Gaucks ESM-Ratifizierung rechtsunwirksam?

Nun ist es amtlich: Bundespräsident Gauck hat ohne völkerrechtliche Sicherstellung der BVerfG-Auflagen zum ESM-Vertrag den ESM-Ratifikationsvertrag bereits am 13.9.2012 unterschrieben. Die völkerrechtliche Sicherstellung der BVerfG-Auflagen zum ESM-Vertrag wurde jedoch erst am 27.9.2012 von den ESM-Mitgliedsstaaten als „Gemeinsame Erklärung“ vollzogen und dokumentiert.
Ist die Gauck-Unterschrift und damit die ESM-Ratifizierung überhaupt rechtswirksam?
Diese im voreilenden Gehorsam erfolgte Unterstützung der EU-Verschuldungspolitik (Ratifizierung des dauerhaften, geheim agierenden und äußerst umstrittenen EU-Rettungsschirm ESM) von Bundeskanzlerin Merkel und ihres Finanzministers Schäuble durch den neuen Bundespräsidenten Gauck wirft ein bezeichnendes Licht und steht im krassen Gegensatz zu den verantwortungsvollen und deutlichen Warnungen* seines Amtsvorgängers Wulff.
Es ist schon mehr als merkwürdig dass das Dokument so lange vor der Öffentlichkeit verborgen blieb; erst 21 Monate später, im Juni 2014 auf Antrag veröffentlicht. Siehe nachstehende Schreiben und Dokumenten-Anlagen.

*Verantwortungsvolle und deutlichen Warnungen des Gauck-Vorgängers Bundespräsident Wulff zur EU-Finanzkrise:
„Wir haben weder die Ursachen der Krise beseitigt, noch können wir heute sagen: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Wir sehen tatsächlich weiter eine Entwicklung, die an ein Domino-Spiel erinnert: Erst haben einzelne Banken andere Banken gerettet, dann haben Staaten vor allem ihre Banken gerettet, jetzt rettet die Staatengemeinschaft einzelne Staaten. Da ist die Frage nicht unbillig: Wer rettet aber am Ende die Retter?“
Und die Politik müsse sich „davon lösen, hektisch auf jeden Kursrutsch an den Börsen zu reagieren“, sie dürfe sich nicht „am Nasenring durch die Manege führen lassen„.
Christian Wulff wurde vom Gericht in allen Punkten freigesprochen (in akribischen Recherchen, andere sprechen von Ermittlungsexzessen der Staatsanwaltschaft). Übrig bleiben unbedeutende, z.T. lächerliche Vorwürfe einer Kampagne totaler Medienhatz, mit denen ein unbescholtener amtierender Bundespräsident aus dem Amt gezwungen wurde. Sein Buch, einschliesslich vollständigem Mailbox-Wortlaut, empfehle ich allen, die der Medienhetze allzu bereitwillig auf den Leim gegangen sind.
Da braucht es keine „Verschwörungstheorien“, es reicht mit gesundem Menschenverstand „zwei und zwei zusammen zu zählen“. Siehe: Wulff – Kritik oder Diffamierungskampagne.     
Wulff war schließlich nicht der erste dem „Der Widerstand, der mir wegen meiner kritischen und mahnenden Worte zur Finanzkrise entgegenschlug war so ungewöhnlich heftig…“
Als 1999 der damalige Bundesfinanzminister Lafontaine versuchte, die EZB zu einer expansiven Geldpolitik (Leitzinssenkung) zu bewegen, zur Kontrolle der internationalen Finanzmärkte eine Regulierung des kurzfristigen Kapitalverkehrs zur Eindämmung der Spekulationsgewinne von Hedge-Fonds und stabile Wechselkurs-Zielzonen durch internationale Absprachen (einzurichten), traf er auf erbitterten Gegendruck der Finanzeliten. Der damalige französische Finanzminister Strauss-Kahn wischte schon beim ersten Treffen den Vorschlag brüsk vom Tisch, Zielzonen für die Wechselkurse der wichtigsten Weltwährungen einzurichten- sehr zur Freude der anwesenden Notenbanker. Die britische Presse baute Lafontaine zum Buhmann auf und bezeichnete ihn – auf der Titelseite des Boulevardblattes „Sun“ – als „gefährlichsten Mann Europas“. Auf dem jüngsten G7-Treffen in Bonn machte US-Finanzminister Rubin klar, daß die USA keine Eingriffe in den ungehemmten Fluß des Kapitals dulden werde. Einen Tag später war ein G33-Seminar zur internationalen Finanzarchitektur angesetzt. Am gleichen Tag, dem 11. März 1999 erklärte Lafontaine überraschend seinen Rücktritt vom Amt des Bundesfinanzministers. Zur Quelle 

Hintergrundinformationen:

Anftrage beim BMF nach dem IFG vom 14.4.2014
Information über rechtsgültige Dokumente zur völkerrechtlichen Sicherstellung der BVerfG-Auflagen zum ESM-Vertrag

Teilbescheid BMF vom 13.5.2014
mit Anlage Einseitige Erklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 27.September 2012 „Gemeinsame Auslegungserklärung aller ESM-Mitglieder kann derzeit (Mai 2014) nicht zur Verfügung gestellt werden, da dazu das erforderliche Einverständnis des Generalsekretariats des Rates der EU bisher nicht erteilt wurde“.

Bescheid BMF vom 25.6.2014
mit Anlage „Gemeinsame Auslegungserklärung aller ESM-Mitglieder vom 27.Sept. 2012“
Hier von den „15 language versions“ nur die deutsche angehängt.

Siehe auch
ESM – Geld regiert die Welt … und das Recht
ESM-Start mit Lug und Trug?
Was hat Gauck unterschrieben?

 

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