Mit dem 10 Milliarden EU-Rettungspaket (zusätzlich zu bereits ausgezahlten 9,4 Milliarden Liquiditätskrediten, „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA), gedeckt durch die EZB) für Zypern wird endlich öffentlich eingeräumt, dass die EU-Rettungsschirmgelder nicht Zypern und seinen Bürgern zukommen, sondern zur „Bankenrettung“ verwendet werden. Im Juni 2012 hatte Zypern einen Hilfsantrag bei der EU und IWF gestellt, weil es bei der Stützung seiner Banken finanziell am Ende ist.
Um „Bankenrettung“ ging es auch bei früheren Rettungspaketen, ob Irland, Spanien, Portugal oder Griechenland. Auch dort wurden mit Hilfe des EU-Rettungsschirm-Kredits alle ausländischen Gläubiger bedingungslos freigekauft, obwohl sie einfach nur schlecht investiert hatten.
Und selbst für Griechenland kamen aus dem Euro-Rettungsschirm wieder jüngst 20 Milliarden Euro, um die Banken zu stabilisieren, ohne dass nur einmal gefragt wurde, bei wem diese Banken verschuldet sind.
Jetzt aber in Zypern, wo vermeintlich nur das Geld russischer Großanleger auf dem Spiel steht, will man hart bleiben. (Nun aber nicht nur die relevanten Großanleger an ihren Verlusten beteiligen, sondern – ich fasse es nicht – hatte die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF Freitagnacht in Brüssel ausgehandelt, die gar nicht beteiligten zyprischen kleinen Sparer für diese Spekulationsverluste zu schröpfen).
Der empörende Versuch die kleinen Leute Zyperns für die großen Spekulanten zahlen zu lassen darf nicht davon ablenken, dass all die Rettungsschirm-Milliarden nicht Irland oder Spanien oder Griechenland, sondern über die verschuldeten Banken (Bankenrettung) die vermögenden Großanleger erhalten.
„Bankenrettung“ bedeutet konkret, dass die *Gläubiger dieser Banken mit EU-Rettungsschirmgeldern ausbezahlt werden, anstatt sie die eingegangenen Risiken selber tragen zu lassen. *Großanleger hoch spekulativer Investments, Geldanlagen von mindestens 100.000 Euro. |
Wer sind die Gläubiger hoch spekulativer Anlagen? –
. Staatsgeheimnis Bankenrettung
Werden die Krisenländer Irland, Spanien, Portugal und andere von Deutschland gerettet? Eine Recherche in ganz Europa zeigt auf: Die Rettungs-Milliarden aus Steuergeldern ersetzen überwiegend die Verluste von reichen Anlegern, treffender Spekulanten. Verheimlicht wird der skrupellose Mißbrauch von Regierungen und Zentralbanken gleichermaßen.
Das dunkelste Kapitel der Euro-Krise:
Schon in mindestens 52 Fällen haben Europas Regierungen von Insolvenz bedrohte Banken mit Staatsgeld gestützt und deren Kreditgeber so vor Verlusten bewahrt. Aber nicht alle Staaten konnten sich das auch leisten. Darum mussten sich Irland, Spanien, Griechenland und Portugal gut 150 Milliarden Euro beim Rettungsschirm der Euro-Zone und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) leihen, um insolvente Banken zahlungsfähig zu halten. In Zypern soll demnächst ein Notkredit über noch einmal bis zu zehn Milliarden Euro dem gleichen Zweck dienen.
Wer sind die Gläubiger, die ausbezahlt werden?
Warum müssen sie nirgendwo selbst die Verluste aus ihren Fehlinvestitionen tragen, so wie es sonst bei jedem anderen Pleiteunternehmen üblich ist? Wer diese Fragen in Europa stellt, erfährt erstaunliches: Beteiligte Banker in London sagen vereinbarte Termine unter falschen Vorwänden kurzfristig ab. Aufsichtsbehörden von Dublin bis Athen erklären sich für nicht zuständig. Fachleute ohne direkte Verantwortung sprechen aus Angst um ihren Job nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Und gleich, ob bei den Finanzministern in Irland, Spanien oder Deutschland, ob bei der EU-Kommission in Brüssel oder der EZB in Frankfurt: Als handele es sich um ein Staatsgeheimnis, verweigern alle Verantwortlichen konkrete Auskünfte. Die Identität der „bondholder“ sei „nicht zu ermitteln“, behauptet Irlands Finanzminister Michael Noonan. Dies sei „keine wichtige Information“, meint sein spanischer Amtskollege Luis de Guindos. Dabei handele es sich um „Geschäftsgeheimnisse“, konstatiert EZB-Direktor Jörg Asmussen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält schon die Frage für abwegig …
Beispiel Irland.
Es geht nicht um die Rettung des „EU-Schulden-Landes“, es geht um die Rettung der Banken, hoch spekulativer Investments von Großanlegern. Ohne zu ahnen, um wie viel Geld es geht, erteilte Irlands Regierung nach dem Finanz-Crash im September 2008 für zwei Jahre eine Garantie für alle Schulden irischer Banken. Im Herbst 2010 nun droht diese Zahlungspflicht für die mittlerweile verstaatlichten Banken, die irische Staatskasse zu sprengen, allein Anglo Irish 47 Milliarden Euro. Warum sollen die Steuerzahler diese Bankschulden bezahlen, obwohl doch die Anleger/Gläubiger einfach schlecht investiert haben?
Finanzminister Lenihan: Die Papiere würden anonym gehandelt, die Besitzer seien nicht bekannt. Den Gegenbeweis liefert Paul Staines’s im Oktober 2010 veröffentlichte Liste, sie reicht vom deutschen Allianz-Konzern über Goldman Sachs bis zur französischen Societé Generale – allesamt Verwalter des Vermögens betuchter Anleger.
(Anmerkung K.A.: Die Forderungen ausländischer Geldgeber gegenüber dem Staat Irland, den irischen Banken und Unternehmen belaufen sich laut FAZ, die sich auf die BIZ bezieht, auf 731 Milliarden US-Dollar. Darunter britische Banken: 149 Milliarden US-Dollar, deutsche Institute: 138 Milliarden US-Dollar, US-Gläubiger: 69 Milliarden US-Dollar, Belgien: 54 Milliarden US-Dollar, Frankreich: 50 Milliarden US-Dollar.)
EZB-Chef Trichet fordert jedoch von Irland alle Bankanleihen zu bedienen und presst dem irischen Staat Schulden von über 100 Milliarden Euro auf, die zuvor private Banken bei privaten Investoren gemacht hatten. Die vermeintliche Rettung Irlands mündet in ein Erpressungsprogramm für Banken und Kapitalanleger, deren Fehlinvestitionen allein die irischen Steuerbürger tragen sollen.
Spaniens Krise ist ein europäisches Gemeinschaftsprojekt.
Die Euro-Einführung im Jahr 2000 bescherte auch Spanien (wie u.a. Portugal, Irland, Griechenland, Italien) niedrige Zinsen wie nie zuvor und so trieben sie ihr Land in einen Immobilienrausch auf Pump. Auch der iberische Baurausch war ein europäisches Gemeinschaftsprojekt.
Als die Blase 2009 platzt, wird der Finanzsektor mit 20 Milliarden Steuer-Euro umgebaut. Die ausländischen Investoren über einen Schuldenschnitt an den Kosten ihrer Fehlinvestments zu beteiligen, ist kein Thema: Keine Bank soll abgewickelt werden, kein Gläubiger sein Geld verlieren… Steuerbürger sollen die Verluste ersetzen. Dafür wird beim ESM ein Notkredit von 100 Milliarden Euro beantragt, der wird prompt gewährt…
Keiner fragt, bei wem die iberischen Banker ihre vielen Schulden eigentlich haben. Das „International Financial Review“ schreibt über 40 Milliarden Euro Außenstände deutscher Banken bei spanischen Geldhäusern. Anwalt Moreno reicht Klage ein. Er fordert die Offenlegung der Zahlungsverpflichtungen. Aber die Regierung Spaniens verbietet dem Gericht die Einsicht in die Bücher: Die Geheimhaltung ist das wichtigste Mittel der Bankenretter. Sie verhindert damit, dass überhaupt geprüft wird die Gläubiger an den Kosten der Bankensanierung zu beteiligen. Keiner will die Haftung der Investoren durchsetzen. Auch in Griechenland und Portugal sind die Gläubiger der dortigen Banken gerettet worden.
Stützung der Banken in Zypern
Zur Stützung der Banken in Zypern fordern einige Regierungen in diesem Fall, wo es um das Geld russischer Anleger geht, erstmals eine Beteiligung der Gläubiger. Vermutlich zu spät. Viele Großanleger haben ihr Geld bereits abgezogen. Für die Verluste ist wiederum die EZB mit über zehn Milliarden Euro „Liquiditätskrediten“ eingesprungen…
Siehe auch:
Staatsgeheimnis Bankenrettung ArteVideo, 26.2.2013 nicht mehr verfügbar
50 Mrd in Griechenland, 70 Mrd in Irland, 40 Mrd in Spanien – ein Eurostaat nach dem anderen sieht sich gezwungen, seine Banken mit gigantischen Summen zu stützen, um damit die Verluste auszugleichen, die den Geldhäusern aus faulen Krediten entstanden sind. Aber wohin gehen die Milliarden eigentlich? Wer sind die Begünstigten?
Harald Schumann: Staatsgeheimnis Bankenrettung
Video auf YouTube „Staatsgeheimnis Bankenrettung Tagesspiegel“
Hintergrundinformationen
Merkels Krisenpolitik – Nie ein Wort über die kollektive Verantwortung
Tagesspiegel. 26.6.2012, von Harald Schumann. Seit Jahren heizt die Bundesregierung mit Schuldzuweisungen quer durch Europa die anti-europäische Ressentiments an. Ein paar ehrliche Worte würden Europa – und Angela Merkel – gut tun. Griechenland stürzt in den wirtschaftlichen Abgrund. Portugal und Irland sind auf dem Weg in die Verarmung. Spanien droht der Bankenkollaps und ganz Europa steht vor einer schweren Rezession. So ist nicht mehr zu leugnen, dass die von der Regierung Merkel verfochtene Politik der Krisenbekämpfung per „Haushaltsdisziplin“ gescheitert ist …
Staatsgeheimnis Bankenrettung, Juan Morenos Klage
Februar 2013. Moreno, ein junger Anwalt, reicht Klage gegen die staatliche Stützung des spanischen Sparkassenkonzerns Bankia ein und fordert die Offenlegung der Daten über deren Zahlungsverpflichtungen. Aber die spanische Regierung Rajoy verbietet selbst dem Gericht die Einsicht in die Bücher.
Siehe auch Fordert die Daten! – Juan Morenos Klage
Steuer auf Bankkonten Zyperns Parlament will Zwangsabgabe verhindern
Südd. Zeitung. Dienstag, 19. März 2013. Die Euro-Finanzminister haben sich Montagnacht bereiterklärt, Ausnahmen von der Zwangsabgabe für Kleinsparer zu akzeptieren…
Das zyprische Parlament wird nach Aussagen des Regierungssprechers der geforderten Abgabe auf Bankeinlagen nicht zustimmen …
Siehe auch SPD-Chef Gabriel: „Zypern-Desaster trägt Merkels Handschrift“
Zyperns Banken nutzen Notkredite – Duldung durch EZB
n-tv, 14.1.2013. Die internationalen Hilfen für Zypern lassen auf sich warten. Die Banken des Landes brauchen aber dringend Geld. Die Notenbank in Nikosia springt erst einmal ein und vergibt Notkredite an die Institute. …
Zyperns Zentralbank ist bei der Vergabe der Notkredite allerdings auf die Duldung der EZB angewiesen, die bei der Ela-Vergabe ein Veto-Recht hat. „Damit werden aber die Risiken der Bankenfinanzierung auf die Steuerzahler in Europa umverteilt.“ …
Bankenkrise – In Zypern ist das Geld der Millionäre in Gefahr
Die Welt, 16.02.13. Von Matthias Brendel, Sebastian Jost. Das Euro-Mitglied Zypern soll Hilfe bekommen, sonst sei ganz Europa in Gefahr – heißt es. Dabei würde eine Pleite der Banken auf der Insel hauptsächlich deren reiche Kunden treffen. …
Wie viel Gefahr kann von einem Land mit nicht einmal einer Million Einwohner ausgehen, auf das nur 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung im Euro-Raum entfallen? …
Zyperns Bankenkrise – Wahlkampf als Chance
Tagesspiegel. 11.1.2013. Es wäre schön, wenn in der Debatte um mögliche Zypern-Hilfen nun endlich die Auseinandersetzung damit beginnt, welche Interessen mit der Euro-Rettung eigentlich bedient werden, meint unser Autor Harald Schumann. Da will die Regierung in Nikosia sich doch tatsächlich 17,5 Milliarden Euro beim gemeinschaftlichen Rettungsfonds ESM leihen, um die aufgeblähten Banken des Ministaats vor dem Zusammenbruch zu bewahren…
Dabei waren alle anderen Rettungskredite für Euro-Staaten mit maroden Banken schon genauso fragwürdig. …
Irische Schuldenkrise: Deutsche Banken gehören wieder zu den Hauptgläubigern und wehren sich gegen Staatsinsolvenz 2010
blicklog.com, Dirk Elsner. 19.11.2010. Das Bedrohungsszenario einer Pleite Irlands betrifft also vor allem die Banken. Die Forderungen ausländischer Geldgeber gegenüber dem Staat Irland, den irischen Banken und Unternehmen belaufen sich laut FAZ, die sich auf die BIZ bezieht, auf 731 Milliarden US-Dollar. Darunter britische Banken: 149 Milliarden US-Dollar, deutsche Institute: 138 Milliarden US-Dollar, US-Gläubiger: 69 Milliarden US-Dollar, Belgien: 54 Milliarden US-Dollar, Frankreich: 50 Milliarden US-Dollar…